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Auf nach Kappadokien!

Jenseits der großen Bosporus-Metropole Istanbul erstreckt sich ein bezauberndes Hinterland mit atemberaubenden vulkanischen Landschaften, unterirdischen Höhlenstädten und fruchtbaren Tälern, in denen Aprikosen, Pistazien und Weinreben gedeihen. Erkunden Sie all das bei einer Heißluftballonfahrt im Sonnenaufgang, rät Türkei-Spezialist JEREMY SEAL.

WÄHREND ich Istanbuls berühmte Galata-Brücke überquere, bekannt für ihr Meer aus Angelschnüren und ihre Lage am Goldenen Horn, bieten mir gleich drei Männer hintereinander voller Eifer ihre Dienste an: Der erste schlägt mir vor, auf seiner Waage mein Gewicht zu prüfen, der zweite möchte mir die Schuhe putzen, und der letzte sagt, es sei höchste Zeit, dass ich eine der Zitronenpressen kaufe, die er schon den ganzen Morgen den vorbeikommenden Passanten anbietet. Das ist typisch für Istanbul – eine Stadt voller menschlicher Begegnungen und kultureller Schätze, die mich mit all ihren Erlebnissen und Begegnungen immer wieder aufs Neue erstaunt. 
 
Und so war es schon immer. Ganz gleich, ob man nun ein Lächeln mit den Straßenhändlern austauscht, die majestätische Kuppel einer Moschee aus dem 16. Jahrhundert bewundert, sich auf einer heißen Marmorplatte in einem osmanischen Hammam entspannt, mit der Fähre nach Asien übersetzt, in den gewölbten Gassen des Großen Basars auf der Suche nach einem besonderen Stoff ist oder sich dort ein Meze-Mittagessen oder auch einen Teller Baklava gönnt – ich behaupte, es ist kaum möglich, von Istanbul nicht vollkommen fasziniert zu sein. 
 
Die große Metropole am Bosporus hat so viel zu bieten, dass es wenig verwundert, wenn viele Besucher nicht tiefer in die Türkei reisen. Doch dann würden sie das 733 Kilometer entfernte Kappadokien verpassen – oder, falls die Zeit knapp ist, nur einen kurzen Helikopterflug von Istanbul entfernt, die Zentraltürkei.

"Hier erwartet Sie eine Fantasielandschaft, die über Millionen von Jahren entstand und deren Wahrzeichen die Ausläufer aus vulkanischem Tuffstein sind, die zu Tausenden aus den Tälern aufragen und dabei mal an Pilze, mal an Wigwams erinnern."

This captivating image showcases the unique landscape of Cappadocia, Turkey, with its distinctive rock formations.  The image features a series of cone-shaped rock structures, many with carved openings suggesting ancient dwellings or storage spaces. Some of these structures are quite large, dominating the foreground, while others cluster together in the background. The rocks vary in height and shape, creating a visually interesting composition. The terrain surrounding the rocks is dry and appears sparsely vegetated with some shrubs and small trees.  A vibrant blue sky dotted with white and light grey clouds provides a striking backdrop to the earthy tones of the rock formations. There are no visible people in the image.  The sunlight casts a warm glow, enhancing the colors and textures of the scene. There are no discernible logos, brands, or text. No Accor branding elements are visible, nor any evidence of partnerships like PSG.  There are no shops depicted in the scene.  The context is unclear; it could be either business or leisure. No specific event is apparent, and the time of day appears to be late afternoon. The overall impression is one of natural beauty and historical significance.

Man kann wohl sagen: Nirgendwo, weder in Istanbul noch sonst irgendwo auf der Welt, sind die Landschaften so eindrucksvoll wie in dieser faszinierenden Hinterlandregion der Türkei. Willkommen in einer Fantasielandschaft, die über Millionen von Jahren entstand und deren Markenzeichen die Ausläufer des vulkanischen Tuffsteins sind – die Türken nennen sie „Feenkamine“ – die sich zu Tausenden aus den Tälern erheben und manchmal an Pilze, manchmal an Wigwams und manchmal, das muss man sagen, auch an Phallusse erinnern, wie selbst die Prüdesten zugeben müssen, nachdem sie zu Fuß das durchquert haben, was die Einheimischen inzwischen das „Tal der Liebe“ nennen.

"Der weiche Tuff wurde ausgehöhlt, um als Getreidespeicher, Stallungen, Weinkeller, Refektorien, Zufluchtsorte und, am beeindruckendsten, als byzantinische Kapellen zu dienen."

Die äußeren Verwitterungsspuren bieten endlose Überraschungen, besonders im rosafarbenen Lichtspiel von Sonnenaufgang und Abenddämmerung, doch ebenso unvergesslich ist das, was die Menschen seither aus den Innenräumen gemacht haben. Der weiche Tuff wurde ausgehöhlt, um als Getreidespeicher, Stallungen, Weinkeller, Refektorien, Zufluchtsorte und in den beeindruckendsten Fällen als byzantinische Kapellen zu dienen, deren exquisite, religiöse Fresken vom tief verwurzelten christlichen Erbe der Region zeugen.

"Der Heilige Georg, den die Engländer immer für ihren eigenen Schutzpatron gehalten haben, entpuppt sich als waschechter Kappadokier."

Ancient Fresco: Horsemen and Serpent

Von diesen zahlreichen in den Fels gehauenen Gotteshäusern und klösterlichen Wohnstätten, die größtenteils aus dem achten bis 12. Jahrhundert stammen, befindet sich die außergewöhnlichste Ansammlung im Freilichtmuseum der Stadt Göreme. In diesen bewegenden Höhlen mit ihren in den Fels gehauenen Kolonnaden und verführerischen Farbpaletten aus Ocker- und Orangetönen sowie intensivem Lapislazuli-Blau lohnt es sich zu verweilen, um die oft rührend naiven Bilder auf sich wirken zu lassen. Hier findet sich auch eine Darstellung der Geburt Christi, ergänzt um das aus der orthodoxen Tradition stammende Detail seines ersten Bades – eine charmante Szene! Und auch der Heilige Georg ist zu sehen, den die Engländer stets für ihren Schutzpatron hielten, der sich jedoch als waschechter Kappadokier entpuppt – und gegen etwas kämpft, das weniger wie ein Drache als vielmehr wie eine monströse Schlange aussieht. 
 
Schlendern Sie unbedingt durch die fruchtbaren Täler, in denen Aprikosen, Pistazien und Weinreben gedeihen – letztere liefern die erdigen Rotweine, für die diese Region bekannt ist. Vielleicht erheben Sie sich sogar in die Lüfte – ein typisches Erlebnis in Kappadokien – um eine Fahrt mit einem der Hunderte von Ballons zu unternehmen, die bei Sonnenaufgang über den Tälern aufsteigen.  
 
Doch da Sie in Kappadokien sind, dürfte es Ihnen schwerfallen, allzu lange über der Erde zu bleiben. Hier, auf der großen Landroute zwischen Europa und Asien, liegt es seit jeher in der Natur der Menschen, Schutz unter der Erde zu suchen. So wurden in der gesamten Region sogenannte „unterirdische Städte“ entdeckt – riesige Labyrinthe aus Tunneln und Kammern, manchmal bis zu zehn Stockwerke tief, in denen sich die Bevölkerung vor den wechselnden Eindringlingen – Hethiter, Perser, Goten, Sarazenen, Mongolen oder Türken – in Sicherheit brachte.

Cave Dwelling Interior

Diese bemerkenswerten Zufluchtsorte mit ihren Ställen, Weinkellern und ausgeklügelten Belüftungssystemen wurden eindeutig für längere Aufenthalte konzipiert und mit beeindruckenden Verteidigungsanlagen ausgestattet – darunter mühlsteinförmige Türen, die sich vor den Zugang rollen ließen, mit Öffnungen, durch die ein energischer Stoß mit dem Speer das Leben jedem schwer machte, der versuchte, die Tür zu durchbrechen. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass das Leben unter der Erde vielleicht gar nicht so schlecht gewesen sein kann, zumal die Temperaturen dort das ganze Jahr über konstant bei 15 Grad Celsius liegen, während sie draußen von eisigen –25 bis zu heißen 45 Grad schwanken. 
 
Auch für türkische Zitrusbauern sind die Höhlen attraktiv: Sie bringen ihre Zitronen aus dem Mittelmeerraum hierher, um sie in Kappadokien unter der Erde überwintern zu lassen. Das Ergebnis – die begehrte „Yatak“ oder Bettzitrone – ist für ihre zarte Schale und ihren feinen Duft bekannt.  
 
Ich finde, das sollte ich unbedingt dem Verkäufer von Zitronenpressen gegenüber erwähnen, wenn ich das nächste Mal die Galatabrücke überquere.

Jeremy Seal ist britischer Reiseautor, Schriftsteller, Lehrer und Rundfunkjournalist mit einer lebenslangen Faszination für die Türkei. Sein erstes Buch, A Fez of the Heart, stand auf der Shortlist für den Thomas Cook Travel Book Award. Zusammen mit Yunus Özdemir, einem türkischen Archäologen, Dozenten und Reiseleiter, organisiert Jeremy seit über zehn Jahren Kulturreisen für kleine Gruppen in die Türkei.

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